Notfall

Notfallplan und personale Sicherheitsregeln im Drogenkonsumraum

Während des Betriebs des Drogenkonsumraums ist eine ständige Sichtkontrolle der Applikationsvorgänge, der Einhaltung der Hausregeln und des gesundheitlichen Allgemeinzustandes der Konsumentinnen durch in der Notfallversorgung geschultes Personal sichergestellt (Arzt, Rettungssanitäter). Darüber hinaus sind alle Mitarbeiterinnen beim INDRO e.V. in Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Drogennotfallsituationen medizinisch geschult und werden permanent nach den aktuellen Reanimations-Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) weitergebildet.

In Notfallsituationen wird ein sofortiger Kontakt mit dem Rettungsdienst/Notarzt (Rufnummer 112) hergestellt. Dieser ist in der Regel in 5 – 10 Minuten vor Ort. Die Ankunftszeiten von Rettungswagen und Notarzt werden notiert. Der Zugang zum Drogenkonsumraum ist für externe Rettungsdienste schnell und problemlos möglich.

Bei einer Notfallversorgung aufgrund von Mischintoxikationen (polyvalenter Gebrauch) oder zufälligen Überdosierungen hinsichtlich des immer schwankenden Reinheitsgehaltes der Szenedrogen kann medizinisch im Rahmen der Erstversorgung sofort reagiert werden: Beatmungshilfsmittel (wie Beatmungsmaske und Beatmungsbeutel), Hilfsmittel zum Freihalten der Atemwege (Guedel-, Wendl-Tubus), medizinische Geräte zur Kontrolle der Vitalfunktionen (Pulsoximeter, Blutdruckmessgerät), sowie mehrere Notfallkoffer mit medizinischen Sauerstoffflaschen sind für die Notfallversorgung sofort verfügbar.

Bei einem Notfall wird die Tür zum Konsumbereich geschlossen, ein Mitarbeiter räumt den Eingangsbereich, schließt die Eingangstür, kontrolliert den Einlass in die Einrichtung und weist den ggf. alarmierten Rettungskräften den Weg.


Ablauf der medizinischen Erstversorgung und des Notfallplans beim „leichten“ und „schweren“ Notfall

 Leichter Notfall = Vitalfunktionen (Bewusstsein, Atmung, Kreislauf) leicht gefährdet, leichte Überdosierungserscheinungen, keine Unterstützung durch den Rettungsdienst/Notarzt nötig, kein Transport ins Krankenhaus nötig

  1. Erforderliche Schutzmaßnahmen ergreifen (Handschuhe anziehen, Spritze, Kanüle sichern, Eigenschutz beachten);
  2. Bei erkannter Notfallsituation (Bewusstseinsstörung /Bewusstlosigkeit,  Atemstörung/Atemstillstand) die betroffene Person im Vorraum in die notwendige Behandlungsposition (Rückenlage, Seitenlage, sitzend) bringen;
  3. Kontrolle der Vitalfunktionen (Atmung, Bewusstsein, Kreislauf). Bei Störungen der Vitalfunktionen Maßnahmen zur Sicherung der Vitalfunktionen durchführen (z.B. Traubenzuckergabe, stabile Seitenlage, Sauerstoffgabe, assistierte Beatmung);
  4. Ist die betreffende Person wieder bei vollem Bewusstsein (benötigt keine unmittelbare medizinische Versorgung mehr) und ansprechbar, wird sie zur weiteren Beobachtung in den DTA-Bereich gebracht;
  5. Der Konsumraumbetrieb wird wieder aufgenommen – Einlass von Konsumenten in den Raum ist wieder möglich;
  6. Der Notfall wird im Notfallprotokoll und im Infobuch schriftlich dokumentiert.

Durch rechtzeitiges Reagieren des Konsumraumpersonals kann eine Notfallprävention durchgeführt werden. Das Eintreten „schwerer“ Notfälle wird so präventiv verhindert.

Falls der Gesundheitszustand bedenklich ist (Bewusstlosigkeit, Atemstillstand, Herz-Kreislaufstillstand) greift der Drogennotfallplan „SCHWERER“ NOTFALL“:

schwerer Notfall = Vitalfunktionen (Bewusstsein, Atmung, Kreislauf) lebensbedrohlich gefährdet, starke Überdosierungserscheinungen, Unterstützung durch den Rettungsdienst/Notarzt nötig, Transport ins Krankenhaus nötig

Drogennotfallmanagement (schwerer Notfall): Ablaufplan

 

Sicherheitsregeln für das Personal

Für unser Personal im Konsumraum gelten zudem generell folgende Sicherheitsregeln:

  1. Für sämtliche Notfallsituationen gilt: Eigenschutz vor Hilfeleistung!
  2. Hepatitis-Impfschutz ist Pflicht. Keine Arbeitstätigkeiten im Konsumraum, bei denen kein ausreichender Impfschutz gewährleistet ist.
  3. Auch minimale Verletzungen bzw. Kontaminationen sind unbedingt ernst zu nehmen und angemessen zu versorgen.
  4. Das jederzeit mögliche Eintreten einer Atemdepression oder eines Atemstillstandes im Konsumraum kann einen schnellstmöglichen Einsatz von medizinischem Sauerstoff notwendig machen. Da hochkomprimierter medizinischer Sauerstoff explosiv ist, gilt grundsätzlich absolutes Rauch- und Feuerverbot in unmittelbarer Nähe der medizinischen Sauerstoffversorgung. Zudem gilt absolutes Rauch- und Feuerverbot im gesamten Konsumraum beim Einsatz von medizinischem Sauerstoff während einer Notfallsituation.
  5. Jeder unmittelbare Kontakt durch das Personal zu benutzten Injektionsspritzen oder -nadeln ist zu vermeiden. Aufgefundene Spritzen und Nadeln sollten mit Hilfe der dafür vorgesehenen Greifzangen in den nächstmöglichen Spritzenentsorgungsbehälter befördert werden.
  6. Das ständige Mitführen von Einmalhandschuhen aus Nitril (z. B. in der Hosentasche) wird empfohlen. Passgenaue Handschuhe tragen!
  7. Jeder Handgriff an nicht vollständig und gut einsehbare Stellen ist zu vermeiden oder nur unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf eine potentielle Gefährdung durch Stichverletzungen durchzuführen (z. B. Tragen von Einmalhandschuhen aus Nitril, Herstellung maximal möglicher Einsehbarkeit, langsame und vorsichtige Bewegungen). Die Einsehbarkeit kann dabei aufgrund räumlicher Gegebenheiten (z. B. unter Heizkörpern), aufgrund funktionaler Gegebenheiten (z. B. Mülleimer) oder aufgrund situationaler Gegebenheiten (z. B. Jacken- und Hosentaschen eines bewusstlosen Notfallpatienten) eingeschränkt sein.
  8. Empfohlen wird die regelmäßige Übung des genauen Ablaufs der im Konsumraum aushängenden Schritt-für-Schritt-Anleitung für adäquates Verhalten nach einer Stichverletzung bzw. Augenkontamination.
  9. Alle Spritzen und Nadeln sind unmittelbar nach dem Konsumvorgang durch den jeweiligen Konsumenten selbst in die am Konsumplatz bereitstehenden, durchstichsicheren Spritzenabwurfbehälter zu entsorgen.
  10. Jeder Konsument reinigt seinen Konsumplatz unmittelbar nach dem Konsumvorgang selbst. Dabei ist der Einsatz eines Schnelldesinfektionsmittels auf alkoholischer Basis empfehlenswert, um eine möglichst effektive und schnelle Desinfektion zu gewährleisten.
  11. Bei sämtlichen Reinigungsarbeiten im unmittelbaren Konsumbereich sind Einmalhandschuhe aus Nitril zu tragen.
  12. Die jeweiligen Gebrauchsanweisungen und Dosierungsanleitungen der eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmittel sind genauestens zu beachten. In Zweifelsfällen ist der an der Duschraumtür aushängende Hygieneplan zu Rate zu ziehen.
  13. Nach Notfall- und medizinischen Behandlungssituationen sowie nach Beendigung von Reinigungs- und Desinfektionstätigkeiten gilt: Hände gründlich mit geeigneten Reinigungs- und Hautdesinfektionsmitteln unter Berücksichtigung typischer Problemzonen (z. B. Fingerzwischenräume, Daumen, Handgelenke) reinigen und desinfizieren, Papierhandtücher und Hautschutzsalbe nutzen.
  14. Eine konstant hohe Desinfektionsmittelkonzentration in der Atemluft kann z. B. zu Augenreizungen und Atemproblemen führen. Regelmäßiges Durchlüften des Konsumraums verringert die Konzentration von Desinfektionsmitteldämpfen in der Atemluft. Zudem wird die Konzentration vorhandener Viren und Bakterien, die durch sog. `Tröpfcheninfektion´ über die Atemluft übertragen werden (z. B. Grippeviren, Tuberkulosebakterien), verringert und somit einer möglichen Infektionserkrankung bei Personal und Konsumenten vorgebeugt.
  15. Das Rotationsverfahren – regelmäßiger Personalwechsel – gewährleistet eine stabile Aufmerksamkeit und Konzentration auf Seiten des Personals, der der Sicherheit des Personals und der Konsumenten zugute kommt.Übermüdung durch Daueranspannung erhöht die Gefahr von Arbeitsunfällen (z. B. Stichverletzungen – und verringert die Einsatzleistung im konkreten Drogennotfall). Das Rotationsverfahren (Flexibilisierung der Arbeitsvollzüge) und     die permanente Weiterbildung sorgen zudem für eine breite Personalkompetenz im Erkennen und Bewältigen von Drogennotfällen.

Für die Einrichtung wurde in 2016 ein umfassender Hygienerahmenplan erstellt, 2017 aktualisiert und mit dem BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH Münster abgestimmt. Dieser umfasst den gesamten Hygienebereich: Allgemeiner Infektionsschutz, Haut- und Händepflegekonzept, Sofortmaßnahmen bei Verletzungen mit kontaminierten bzw. infektiösen Material, Allgemeine Desinfektionsmaßnahmen, Küchenhygiene, Besucherspezifische Hygiene, Schutzmaßnahmen bei übertragbaren Krankheiten, Entsorgungsregelungen. Der Hygienerahmenplan wird regelmäßig aktualisiert.