Sicherheitsregelungen für Methadon/Polamidon bei Flugreisen

Aktuelle Informationen und Empfehlungen zu Auslandsreisen mit Methadon/Polamidon

Sicherheitsregelungen bei Auslandsflügen

Die seit dem 6. November 2006 geltenden Sicherheitsregeln für Ab- und Anschlussflüge von EU-Flughäfen betreffen vor allem die Mitnahme von Flüssigkeiten in die Flugzeugkabine – entweder per Handgepäck oder in der Kleidung – und somit auch in flüssiger Form verordnetes Methadon und Polamidon. Die Mitnahme von mehreren Tagesdosen á 100ml wirft in jedem Fall Probleme auf, mindestens kommt es zu Verzögerungen beim Einchecken.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Auslegung dieser Regelungen, unabhängig vom Reisezielland (auch außerhalb der EU gelten verschärfte Sicherheitsregeln), von Fluglinie zu Fluglinie stark variiert. Manche Fluggesellschaften gestatten die Mitnahme an Bord von nur einer Tagesdosis flüssigen Methadons/Polamidons (einem Fläschchen), andere hingegen die Mitnahme der gesamten Verordnung. Ferner ist jederzeit mit einer Veränderung der Sicherheitslage zu rechnen, so dass gelegentlich gar kein Handgepäck bzw. gar keine Flüssigkeiten mit an Bord genommen werden dürfen. Da in der Regel nur ein Methadon-/Polamidonfläschchen mit an Bord genommen werden darf und die restliche Reiseration im Hauptgepäck verstaut werden muss, kann es gelegentlich vorkommen, dass die Medizin z.B. in Toronto ankommt und der Reisende in Tunis.

Darüber hinaus muss betont werden, dass die Prozedur der Sicherheitskontrolle beim Einchecken durch Security Services äußerst zeitraubend ist, was mit der Kontrolle der Papiere und Bescheinigungen bei flüssigen, vor allem BtM-erfassten Medikamenten, die zudem noch in Tagesdosierungen abgefüllt sind, zwangsläufig nicht zu vermeiden ist. Außerdem ist damit verbunden, dass sich die Patienten als Opiatabhängige zu erkennen geben müssen.

Empfehlungen

Aus o.g. Gründen empfehlen wir bei Auslandsflugreisen die Mitgabe von Methaddict-Tabletten. Es hat sich herausgestellt, dass die Sicherheit der Patienten, damit unkompliziert reisen und ankommen zu können, allemal höher wiegt als vermeintliche Umstellungsprobleme von Polamidon auf Methadon. Viele Substitutionsambulanzen und Praxen niedergelassener Ärzte bestätigen, dass aus medizinischer Sicht in der Regel keine Umstellungsprobleme auftreten und die Patienten nach entsprechender Aufklärung über die Reiserisiken und vorheriger Dosisanpassung die unauffälligeren Tabletten bevorzugen, die im Handgepäck bzw. in der Kleidung in Gesamtmenge in die Flugzeugkabine mitgenommen werden dürfen.

Zu empfehlen ist die Umstellung auf Methaddict Tabletten einige Tage vor der Abreise. Damit können eventuell auftretende Unverträglichkeiten oder Dosierungsprobleme rechtzeitig erkannt und die Verordnungen entsprechend angepasst werden. Es hat sich bewährt, den reisenden Patienten zwei bis drei Tagesdosierungen mehr zu verordnen, damit im Falle von Magen-Darm-Problemen oder auch bei einer verzögerten Rückreise keine Unterdosierungen auftreten.

Kommt im Einzelfall dennoch aus ärztlicher oder Patientensicht keine Umstellung auf Methadontabletten (Methaddict) in Frage, so sind die Patienten auf mögliche Risiken hinzuweisen (z.B. Gepäckverlust) und darauf, sich rechtzeitig vor Reiseantritt bei den jeweiligen Fluglinien über die aktuellen Sicherheitsregeln und Transportbedingungen zu erkundigen.

Den Patienten ist eine ärztliche Bescheinigung auszustellen: Bei Reisen in Schengenunterzeichnerstaaten (Dänemark, Deutschland, Belgien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn) und in die Schweiz das sog. „Schengenformular“ (www.indro-online.de/dat/schengen.pdf), bei Reisen in andere Staaten gesonderte Atteste (www.indro-online.de/forms). Diese Formulare dienen im Bedarfsfall zur Vorlage bei Zoll- und Polizeibehörden. Zusätzlich empfiehlt sich die Mitnahme eines internationalen Arztbriefes zur Vorlage bei Ärzten oder in Krankenhäusern im Falle von Erkrankung und/oder zur Einleitung einer notwendigen Weiterdosierung vor Ort.

Weitere  Reiseinformationen finden sich bei „Gerlach, R.: Reisen unter Substitutionsbehandlung. In: Backmund, M.: Suchttherapie. Ecomed. Landsberg. Grundwerk 1999. 7. Ergänzungslieferung, Mai 2005“ und im Internet unter www.indro-online.de/empfehlungen. Die Internet-Empfehlungen befinden sich derzeit in Überarbeitung.

Münster / Hamburg, 26. April 2009

Ralf Gerlach
Internationale Koordinations- und Informationsstelle
für Auslandsreisen von Substitutionspatienten
c/o INDRO e.V.
Bremer Platz 18-20
D-48145 Münster
Fon: +49 (0)251-60123 oder +49 (0)2571-582765
Fax: +49 (0)251-666580 oder +49 (0)2571-584868
Email: INDROeV@t-online.de

Hans-Günter Meyer-Thompson
ASKLEPIOS Hamburg
Klinikum Nord
Abteilung für Suchterkrankungen
Ambulanz Altona
Holstenstraße 115
D-22765 Hamburg

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