Psychosoziale Betreuung für Substituierte

Entwicklungsbegleitende psychosoziale Unterstützung (EPU) im Rahmen der ambulanten Opioid-Substitutionstherapie

In Forschung und Drogenhilfe besteht Konsens bezüglich der Notwendigkeit des Angebots psychosozialer Unterstützung für Patienten in Opioid-Substitutionstherapie (OST). Die Kombination von medizinischer und pharmakologischer Behandlung mit psychosozialer Unterstützung erhöht den Wirkungsgrad suchtmedizinischer Interventionen. INDRO e.V. und die Städtische Drogenhilfe Münster halten daher – gemäß den Guidelines der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – allen Münsteraner OST-Patienten  das gemeinsam entwickelte Projekt  Entwicklungsbegleitende, psychosoziale Unterstützung von substituierten Mitbürger/innen (EPU) vor,  ein flexibel ausgestaltetes psychosoziales Komprehensivangebot, das dem individuell unterschiedlichen psychosozialen Unterstützungsbedarf und lokalen Bedingtheiten Rechnung trägt: „Treatment services should aim to offer onsite, integrated, comprehensive psychosocial support to every patient […]“. Es ist im Sinne der WHO-Richtlinien auf eine nicht-verpflichtende Angebotsnutzung ausgerichtet: „Psychosocially assisted pharmacological treatment should not be compulsory.“ Das Projekt läuft in Abstimmung mit den am „Qualitätszirkel Suchtmedizin Münster“ (QuaSuM) beteiligten substituierenden Ärzten und Apothekern.

Der EPU-Angebotskatalog umfasst vielfältige differentiell-ressourcenorientierte Unterstützungsmöglichkeiten (tailored interventions), die unter Berücksichtigung environmentspezifischer sowie auch gender- und kultursensibler Aspekte eine Fülle an individuell austarierten drogenhilfespezifischen und -unspezifischen sozialpädagogischen und -therapeutischen Basisleistungen beinhalten.

Im Zielfokus unserer psychosozialen Unterstützungsmaßnahmen für OST-Patienten steht die Förderung/Ermöglichung eines menschenwürdigen, selbständigen Lebens unter psychosozialer und gesundheitlicher Stabilisierung und (beruflicher) Rehabilitation/Integration (Teilhabe, Normalisierung).

Der Katalog der Basisleistungen umfasst darüber hinaus auch viele Hilfsangebote, die als einzelfallbezogene Koordinierungsleistungen (individual case arrangements) erbracht werden müssen. Dabei werden die Angebotsnutzer entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten/Ressourcen und ihres individuellen, entwicklungs-angemessenen Hilfebedarfs im Sinne des Case-Referal-Managements mit kommunal/regional verfügbaren Serviceprovidern im (Regel-) Versorgungssystem zusammengeführt. Unser multifokal orientiertes Angebotsspektrum berücksichtigt u.a. folgende integrations- und rehabilitationsfördernde und –stabilisierende Aspekte:

  • Aktivierung/Förderung von Selbsthilfepotentialen/-ressourcen (Coping-Strategien und Stärkung der Handlungsautonomie) im Sinne von Empowerment
  • Sicherung finanzieller (Basis-) Versorgung (Schuldnerberatung, Abklärung sozialrechtlicher Möglichkeiten: Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe, Wohngeld, Krankenkassenleistungen inkl. Krankengeld, Rentengelder bei Erwerbsunfähigkeit, Lebensunterhalt bei Pflegebedürftigkeit)
  • Klärung juristischer Situationen (z.B. offene Strafverfahren, drohende Inhaftierung, Fragen zu Führerschein und Fahreignung) und Entwicklung von Haftvermeidungsstrategien
  • Hilfe bei Arbeitsplatzsuche, Wohnraumbeschaffung (inkl. betreute Wohnformen) und bei Problemen mit Arbeitgebern und Vermietern
  • Klärung von Problemen im (Substitutions-)Arzt-Patienten-Verhältnis
  • Unterstützung bei der Aufnahme schulischer und beruflicher Qualifizierungs- und Rehabilitationsmaßnahmen
  • Hilfe bei der Tagesstrukturierung und bei der Entwicklung subjektiv sinnvoller Freizeitgestaltung
  • Beratung bei geplanten Inlands- und Auslandsreisen (Beruf, Urlaub)
  • Ausstiegshilfe: Reduzierung, Eigenkontrolle oder Aufgabe von Parallelgebrauch psychotroper Substanzen wie etwa Kokain, Benzodiazepine, Cannabis, aber auch Alkohol, Vermittlung in ambulante/stationäre („Beigebrauchs“-)Entgiftung, Psychotherapie oder über Vermittlung an die Städtische Drogenhilfe Münster in ambulante/stationäre Abstinenztherapien oder teilstationäre Einrichtungen.
  • Safer-Use-, Safer-Sex-, Safer-Work- und Ernährungsberatung
  • Beratung bei Problemen mit Beziehungspartnern, Eltern oder Angehörigen der Drogenszene
  • Unterstützung bei Therapieentscheidungen (HIV, HBV, HCV)
  • Schwangerschaftsberatung
  • Beratung hinsichtlich Kindererziehung und –betreuung (Elternschaft und Kindeswohl)
  • Auslotung von Koordinierungspartnern und Kostenträgern bei externem Hilfebedarf
  • Krisenintervention in physisch und psychisch belastenden Lebenssituationen/-phasen 

INDRO e.V. bietet täglich im Rahmen der Gesamtangebote seines niedrigschwelligen Drogenhilfezentrums terminungebundene Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten an. Darüber hinaus sind auch terminbezogene Beratungszeiten möglich (z.B. für berufstätige Patienten).